Umwelt und Nachhaltigkeit

Formaldehyd

Hintergrund

Dieser Stoff gehört seit Mitte der 1970er Jahre zu den bekanntesten Giftstoffen im Innenraum. Zwar wurde er nicht wie die Substanzen Asbest und Mineralwolle vom Gesetzgeber verboten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat Formaldehyd aber 2006 als krebserzeugend bewertet.

 

Was ist überhaupt Formaldehyd?

Bei diesem chemischen Industrieprodukt handelt es sich in ungebundener Form um ein farbloses, aber hochreaktives Gas mit stechendem Geruch. In Wasser oder Alkohol gelöst ist es als Formalin bekannt.

 

Wo wird Formaldehyd verwendet?

Den Hauptverwendungszweck findet Formaldehyd im Baubereich, als Bestandteil von Bindemitteln in Holzwerkstoffen (Spanplatten) und Konservierungsstoffen in Farben und Lacken.

Industrielle Verwendung findet Formaldehyd u.a. bei der Spanplatten-, Kunstharz-, Farbstoff-, Teppichboden- und Textilherstellung, sowie auch als Desinfektions- und Konservierungsmittel etwa in Kosmetika. Insbesondere aus Spanplatten und daraus hergestellten Möbeln, aus Teppichböden und Isolierschäumen (Harnstoff-Formaldehydharze zur Wärmedämmung) gelangt Formaldehyd durch kontinuierliche Freisetzung in die Innenraumluft.

Eine andere große Emissionsquelle dieses Umweltgiftes ist Tabakrauch.

 

Grenzwerte/ Richtwerte

Zur Vermeidung unzumutbarer Belastungen wurde vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt ein Innenraumluft-Richtwert für Formaldehyd von 0,1 ppm empfohlen. Das entspricht 120 Mikrogramm Formaldehyd pro Kubikmeter Luft. Dieser Richtwert ist Grundlage der Regelungen in der Chemikalien-Verbotsverordnung zur Beschränkung der Formaldehydemissionen aus Möbeln und Holzwerkstoffen.

 

Für Kosmetika besteht eine Deklarationspflicht ab einem Gehalt an freiem Formaldehyd von über 0,05 Prozent. Wasch- und Reinigungsmittel müssen ab einem Formaldehydgehalt von 0,1 Prozent mit dem Hinweis "Enthält Formaldehyd" gekennzeichnet sein. Spanplatten werden je nach Formaldehydabgabe in Emissionsklassen (E 1 - E 3) eingeteilt. Für die Einstufung in die Emissionsklasse E 1 darf die Formaldehydkonzentration, die sich unter genau festgelegten Bedingungen in der Luft einer Prüfkammer einstellt, 0,1 ppm nicht überschreiten.

 

Gesundheitliche Auswirkungen: Krebsgefahr

Dieser Stoff kann im Innenraum zu Reizungen der Schleimhäute, zu Kopfschmerzen und Atemwegsbeschwerden führen. Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) haben ergeben, dass Formaldehyd ein eindeutig Krebs erzeugender Stoff ist. Das Einatmen des stechend riechenden Gases kann Tumore im Nasen- und Rachenbereich auslösen.

Rat und Tat

Wie kann man sich schützen?

Formaldehyd ist in vielen Produkten und Werkstoffen enthalten. Besonders problematisch ist das Vorkommen in Spanplatten und Möbeln, da hier der Schadstoff permanent ausgast und in die Innenraumluft gelangt.

Da Formaldehyd überwiegend in Spanplatten Verwendung findet, kaufen Sie möglichst Möbeln aus Vollholz. Falls Sie Spanplatten verwenden, sollten Sie zumindest darauf achten, dass diese der Emissionsklasse 1 (E1) entsprechen. Die Kennzeichnung ist an der Schmalseite der Platten aufgestempelt. Spanplatten der Klassen E2 und E3 sind dagegen nicht zu empfehlen.

  • Lüften: Regelmäßiges Lüften der Wohnräume ist hilfteich, insbesondere nach Renovierungen oder bei neuen Einrichtungsgegenständen kann so einer zu hohen Formaldehydkonzentration entgegengewirkt werden.
  • Kein Rauchen in Innenräumen: Zigarettenrauch führt immer zu Formaldehyd-Belastungen.
  • Abdichten von formaldehyd-ausgasenden Quellen: Kanten, Bohrlöcher oder Ausfräsungen können mit lösemittelfreien Lacken beschichtet werden um so das Ausgasen zu unterbinden.
Chemische Bindung des Formaldehyds durch spezielle Schafwollvliese

Das deutsche Wollforschungsinstitut hat entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Gerade wenn Formaldehydquellen nicht oder nur sehr schwierig zu entfernen sind könnte dieses Verfahren erfolgverspechend sein.

Wie können formaldehyd-arme Produkte erkannt werden?

Emissionsarme unbeschichtete oder beschichtete Holzwerkstoff-Platten wie Spanplatten, Tischlerplatten, Faserplatten, Funiersperrholzplatten und Massivholzplatten werden seit einigen Jahren mit dem Gütezeichen RAL-ZU 76 ausgezeichnet. Dieses Umweltzeichen und das RAL-UZ 38, das emissionsarme Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen (in Möbeln, Laminat und Paneele) kennzeichnet, werden auch als Umweltzeichen Blauer Engel bezeichnet, weitere Informationen finden Sie unter:
www.blauer-engel.de.

Wie kann Formaldehyd nachgewiesen werden?

Bei Verdacht einer Belastung im Innenraum sollte eine Raumluftmessung durchgeführt werden. Für eine erste Einschätzung eignen sich u.U. selbstanzeigende Messgeräte. Sie können für ca. 25€ in Apotheken bestellt werden. Ein Nachteil ist jedoch die eingeschränkte Genauigkeit, bzw. beeinflussende Randbedingungen wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit. Werden genaueste Ergebnisse (z.B. im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung) benötigt ist eine Innenraum-Messung durch ein spezialisiertes Labor unerlässlich.

Genauere Informationen finden Sie auf der Seite Schadstoffuntersuchungen.

Auskunft zu besorgniserregenden Chemikalien in Alltagsprodukten

"Werden chemische Stoffe zu Erzeugnissen verarbeitet (z.B. ein Farbstoff in einem Kunststoffprodukt), müssen innerhalb der Lieferkette Informationen zu den enthaltenen, besonders besorgniserregenden Stoffen und zur sicheren Handhabung weitergegeben werden. Verbraucher können beim Händler, Hersteller oder Importeur nachfragen, welche besonders besorgniserregenden Stoffe der Kandidatenliste in einem Erzeugnis enthalten sind. Händler, Hersteller und Importeure müssen sie dann innerhalb von 45 Tagen kostenlos darüber informieren unabhängig von einem möglichen Kauf.

Die Auskunftspflicht gilt sobald die Konzentration des jeweiligen Stoffes im Erzeugnis 0,1 Massenprozent überschreitet. Sie gilt für die meisten Gegenstände, z.B. Haushaltswaren, Textilien, Schuhe, Sportartikel, Möbel, Heimwerkerbedarf, Elektro-/Elektronikgeräte, Spielzeug, Fahrzeuge oder Verpackungen. Sie gilt nicht in Bereichen, die speziellen Regelungen unterliegen. Dazu gehören z.B. flüssige oder pulverförmige Produkte (wie Lacke oder Farben), Medizinprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel und deren Verpackungen, Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel, Futtermittel, Pflanzenschutzmittel und Biozide."

Quelle und weitere Informationen unter www.reach-info.de/auskunftsrecht

Anfragen schnell und einfach per Online-Formular stelle

Tragen Sie lediglich die Nummer unter dem Strichcode des Produktes ins Formular ein und geben ihre Kontaktdaten an, damit sie eine Antwort erhalten. Es wird automatisch eine Anfrage an den Hersteller oder Importeur erstellt. Das Formular ist ein Angebot des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), unterstützt durch das Umweltbundesamt.

verbraucheranfrage/Online-Formular

Der BUND stellt auf seiner Internet-Seite auch ein Forum www.bund.net/forum-auskunftzur Verfügung, in dem sich Verbraucher über Ihre Erfahrungen mit dem Auskunftsrecht gemäß REACH (s.u.) austauschen können.

REACH - Was ist das?

"REACH ist die Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe. Sie ist seit 2007 in Kraft und soll ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicherstellen. Sie soll gleichzeitig den freien Verkehr von Chemikalien auf dem Binnenmarkt gewährleisten und Wettbewerbsfähigkeit und Innovation fördern. REACH beruht auf dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender die Verantwortung für ihre Chemikalien übernehmen: Sie müssen sicherstellen, dass Chemikalien, die sie herstellen und in Verkehr bringen, sicher verwendet werden. Das Kürzel „REACH“ leitet sich aus dem englischen Titel der Verordnung ab: Regulation concerning the Registration , Evaluation , Authorisation and Restriction of CHemicals. Die REACH-Verordnung gilt als eines der strengsten Chemikaliengesetze der Welt."

Quelle und weitere Informationen unter www.reach-Informationsportal

Bildnachweis

Spanplatte: © Bernd Sterzl / PIXELIO

Gefahrensymbol, Warnzeichen Reizend: © Gerd Altmann / PIXELIO

Weiterführende Infos

Umweltberatungsstellen in der Region

Umweltberatungsstellen

Mir Stinkt`s

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat zu den Themena Innenraumluft und Schadstoffe in Innenräumen Bildungsmaterialien zusammengestellt. Schülerinnen und Schüler bestimmen hierzu den Verlauf der CO2-Konzentrationen in ihrem Klassenraum. Sie erkennen, wie bedeutend das richtige Lüften für die Qualität der Raumluft ist, beschäftigen sich mit den möglichen Quellen von Schadstoffen in Innenräumen und entwickeln ein Problembewusstsein und Lösungsstrategien zum Umgang mit diesen Stoffen. Abschließend erstellen sie einen Ratgeber "Renovieren und Einrichten" mit ihren Empfehlungen.

 

"Mir stinkt´s" - Bildungsmaterial
www.bmu.de/publikationen/bildungsmaterialien

 

  • Zwiener, G./ Lange, F-M. (2011). Gebäude-Schadstoffe und Gesunde Innenraumluft. Berlin. Erich Schmidt Verlag.
  • Schmitz-Günther, T. (2007). Wenn Wohnen krank macht. Schadstoffe erkennen, beseitigen, vermeiden. München: Südwest Verlag
  • Zwiener, G./ Mötzl H. (2006). Ökologisches Baustofflexikon. Bauprodukte. Chemikalien. Schadstoffe. Ökologie. Innenraum. Heidelberg. C.F.Müller Verlag.
  • Test. (2006). Formaldehyd - Krebsverdacht bestätigt. Test-Heft 8, S. 62.
  • Moriske, H.-J./Beuermann, R. (2004). Schadstoffe in Wohnungen: Hygienische Bedeutung und rechtliche Konsequenzen. Berlin: Grundeigentum-Verlag.

Verwandte Themen